500 Jahre Kolumbus Von der alten in die neue zu einer besseren Welt?
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In der Geschichte gibt es einige wenige Ereignisse, die im kollektiven Gedächtnis der Menschheit die Qualität eines Symbols angenommen haben. Der 12. Oktober 1492 ist ein solches Datum, das weitaus mehr bedeutet als das nüchterne Faktum – nämlich die Landung eines genuesischen Seefahrers in spanischen Diensten auf einer bislang den Europäern unbekannten Insel und deren Inbesitznahme – besagt. Dieses Datum symbolisiert einerseits den Aufbruch der alteuropäischen Gesellschaft aus ihren traditionellen Bindungen zu „neuen Kontinenten“ in allen Bereichen: Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Sozialbeziehungen und Politik. Aus diesem Aufbruch erst entwickelte sich die Eine Welt. Seitdem ist die Geschichte der Menschheit durch eine ihre Geschwindigkeit ständig steigernde Dynamik, durch das, was wir Fortschritt nennen, bestimmt.
Andererseits ist uns heute mehr denn je bewusst, dass diese „Entdeckung“ ihre grausame Kehrseite hat, dass sie von Anfang an mit dem Makel der Eroberung, Unterdrückung, ja Vernichtung Unschuldiger behaftet war. Die uneingeschränkte Begeisterung über das Ereignis („O saeculum, o litterae, es ist eine Lust zu leben“ – Ulrich von Hutten) ist inzwischen eine Haltung der Skepsis, des Zwiespalts, sogar der Beklemmung und Angst gewichen. Es wird uns – einerseits – immer deutlicher, dass die „Dynamik“, der „Fortschritt“ nur für die Entdecker (Europa und die anderen Industrienationen), nicht für die „Entdeckten“, ja auf deren Kosten, war und ist. Gleichzeitig werden wir uns in ganz Europa immer mehr bewusst, dass der Fortschritt für uns selbst einen nicht kalkulierbaren Preis hat und wir uns in neue Abhängigkeiten verstricken bzw. die Zukunft der Menschheit aufs Spiel setzen.
Das Jubiläum der Entdeckung/Eroberung Amerikas ist daher Anlass, aus unterschiedlichen Perspektiven und von verschiedenen Fachgebieten her Fragen, Probleme, Themen zu behandeln, deren innerer Zusammenhang in dem steckt, was die Tat des Kolumbus zur symbolischen gemacht hat: der Aufbruch ins Neue, Unbekannte, mit Mut, Risikobereitschaft, Vertrauen in die eigenen Kräfte – und gleichzeitig die Pervertierung von Humanität und Moral durch Eroberung, Unterdrückung, Ausbeutung und Mord. Mit allen Folgen, die Aufforderung genug sind, über die Widersprüche der westlichen Zivilisation nachzudenken.