Sprachlich-literarisch-künstlerisches Aufgabenfeld
Prof. Dr. Gerhard Köpf
Ist Geschichtsschreiben Arbeit?
Geschichten zu erzählen ist eine süße Last. Die Arbeit des Geschichtenerzählers gleicht der eines Teppichwebers. Wenigstens drei Fäden müssen kunstvoll verknüpft werden: Erfahrung, Erinnerung und Vorstellungskraft. Kommen diese zusammen, so entsteht im günstigsten Fall jener Teppich von Geschichten, auf dem wir alle fliegen können!
Dr. Alwin Binder
Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.
Von diesen – auf den ersten Blick paradoxen – Satz sagt Schiller, er werde „das ganze Gebäude der ästhetischen Kunst und der noch schwierigen Lebenskunst tragen“. Schönheit und Leben – was haben die miteinander zu tun? Ist für uns heute, wo es an ‚unvernünftig‘ handelnden Menschen nicht zu fehlen scheint, noch von Bedeutung, was Schiller vor zweihundert Jahren schrieb: „Mit einem Wort: es gibt keinen andern Weg, den sinnlichen Menschen vernünftig zu machen, als daß man denselben zuvor ästhetisch macht.“ Wie Schiller sich dies dachte und welche gesellschaftlichen Folgen er durch die „ästhetische Erziehung des Menschen“ bewirken wollte, soll in dieser Veranstaltung vorgestellt und diskutiert werden.
Dr. Joseph Tewes
Nichts Besseres zu tun. Über Muße und Müßiggang
Was wäre, wenn einer Gesellschaft nach und nach die Arbeit verlorenginge, und diese Gesellschaft hätte von Jugend auf nichts anderes gelernt, als zu arbeiten? – Ja, sie könnte eigentlich gar nichts anderes als arbeiten bzw. nach dieser Maßgabe leben. So, als gäbe es nichts Besseres zu tun, als zu arbeiten.
Tatsache ist, dass uns die Arbeit ausgeht. Und dass wir gegensätzliche Fähigkeiten entwickeln müssen: Die Fähigkeit zur Arbeit und die Fähigkeit zur Muße. Muße aber nicht als Ausruhen von der Arbeit oder als Erholung.
Muße macht Gedanken, lässt neue Wege entdecken und alte Zwänge durchschauen. Muße hat viel mit schöpferisch werden, mit Nachdenklichkeit und innerer und äußerer Befreiung zu tun.
Unser Seminar hat 3 Teile:
Es will uns Hemmungen und Ängste vor Müßiggang und Muße nehmen.
Es will Muße vergegenwärtigen und zeigen, wie gut sie uns tut.Es will aufweisen, wie man Muße, auch nach alten Prägungen, neu lernen kann.
Dr. Renate Werner
Kunst und Bürgerlichkeit. Der Künstlertyp des ‚Bohémiens‘ und der des ‚Leistungsethikers‘
Die Entbürgerlichung des Künstlerbildes im 19. Jahrhundert (das Selbstverständnis des Künstlers als Narr, Gaukler, Abenteurer, Verbrecher, Bettler, Bohémien) kann verstanden werden als Antwort auf die faktische Isolierung der literarischen Intelligenz in einer Kultur, welche die Ökonomie zu ihren Leitprinzip gemacht hatte. Dass der Bohémien (usw.) aber nichs anders darstellt als des Bürgers anderes ich, dies haben die hellsichtigen Autoren des 19. Und 20. Jahrhunderts gleichermaßen reflektiert. Am Beispiel u. a. einiger früher Erzählungen Thomas Manns (z.B. Schwere Stunde, Der Tod in Venedig) soll diesen Fragen nachgegangen werden.
Walter Wittek
Warum arbeite ich? Ein Künstler stellt sich.
Der Bildhauer und Zeichner Walter Wittek führt mit den Teilnehmer(inne)n ein unwissenschaftliches Gespräch über die Motivation zu arbeiten.
Er zeigt Dias eigener Arbeiten und geht den subjektiven Fragen nach: Wann hat Arbeit Sinn? Welchen Sinn hat Arbeit?
(Zeitgemäßes Fragen in einer arbeitslosen Gesellschaft?)
Piotr Sonnewend
Happening und Performance: Künstlerische Arbeitsprozesse als neue Ausdrucksmöglichkeiten
„Happenings“ und Performances“ gab es schon, bevor man sie so nannte. Prototypen von Happening und Performance sind in den magischen Ritualen und religiösen Zeremonien aller Kulturen zu finden. Marcel Duchamp , Kurt Switters und Max Ernst machten die ersten Experimente im „künstlerischen Labor“, bevor die volle Entwicklung der Happenings und Performance in den sechziger Jahren einsetzte. Fast gleichzeitig entwickelten sich diese Kunstdisziplinen auch im amerikanischen Raum. Kunst der „vierten Dimension“ kennt keine Grenzen.
Im Happening wirkt die Magie des Theaters, der bildenden Kunst und der akustischen Effekte. Performance, als weitere Entwicklung des Happenings, fügt die perfekte Regie des Ablaufs hinzu. Nur die aktive Teilnahme an dem künstlerischen Ereignis erlaubt dem Betrachter, sich von der Konsumentenrolle zu befreien und statt dessen die Künstlerhaltung einzunehmen.
Dr. Elmar Bozetti
Brecht/Weil: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny – Die musikalische Freizeit-Welt
Die Geschichte von den kanadischen Holzfällern, die in der Vergnügungsstadt Mahagonny Erlösung von der Arbeit suchen, gestaltet Kurt Weill als eine Art Musical, in dem Jazz, Schlager und Opernhaftes parodistisch gemischt werden. Bei der Untersuchung des Stückes soll deutlich werden, dass unsere Leistungs- und Konsumgesellschaft der Spiegel vorgehalten wird. Ausgewählte Musikbeispiele sollen die Funktion der Musik im Stück demonstrieren.
Gesellschaftswissenschaftliches Aufgabenfeld
Prof. Dr. Karin Priester
Der menschliche Körper – Arbeitsinstrument oder Quelle der Lust? Zur philosophischen Kritik der bürgerlichen Arbeitsgesellschaft
Triebverzicht unter dem Primat der Arbeit war die Voraussetzung für die bürgerliche Arbeitsleistung und hat schon um die Jahrhundertwende grundlegende Kritik hervorgerufen. Freud artikulierte sein ‚Unbehagen an der Kultur‘, in der das Lustprinzip einem verengten Realitätsprinzip gewichen sei: „Unser heutiges Ichgefühl ist also nur ein eingeschrumpfter Rest eines weitumfassenderen, ja eines allumfassenden Gefühls, welches einer innigeren Verbundenheit des Ichs mit der Umwelt entsprach.“
Nietzsche vor allem kritisierte die lebensfeindlichen Tendenzen der modernen Welt und fragte in ‚Menschliches, Allzumenschliches‘, ob wir die Erleichterungen der Arbeit durch die industrielle Produktion nicht zu teuer erkaufen. So wie er im Namen eines volleren und ‚kühneren‘ Lebens gegen Apoll, den Gott des Maßes und der Vernunft, Dionysos, den Gott des Rausches und der Ich-Überschreibung, so stellt Herbert Marcuse Ende der fünfziger Jahre in seinem Werk, ‚Triebstruktur und Gesellschaft‘ (zuerst: ‚Eros und Kultur‘) Prometheus als archetypischen Helden des Lustprinzips gegen Orpheus und Narziß, die eine nicht-repressive Haltung gegenüber der Wirklichkeit symbolisieren.
Focault schließlich, einer der namhaftesten Vertreter des französischen Poststrukturalismus, untersuchte u. a. den ‚Gebrauch der Lüste‘ und ging der Frage nach, wie, warum und in welcher Form seit der Antike die sexuelle Aktivität ‚verknappt‘ und als moralischer Bereich konstituiert wurde.
Allen Autoren gemeinsam ist die Kritik am Verlust menschlicher Allseitigkeit und das Plädoyer für eine Seinsweise, „die durch den vollsten Genuß seiner selbst oder die vollkommene Souveränität seiner über sich definiert werden kann.“ (Foucault)
In meinem Vortrag werde ich versuchen, auf die Beiträge der genannten Autoren näher einzugehen, aber auch die Frage aufzuwerfen, was daran heute möglicherweise überholt ist. Wir leben nicht mehr in Zeiten repressiven Triebverzichts und massiver Körperkontrolle, wie um die Jahrhundertwende. Neuer Hedonismus und der Narziß als neuer ‚Sozialisationstyp‘ sind nur Stichworte, die einen gesellschaftlichen Wandel bezeichnen. Hin zu mehr menschlicher Souveränität im Sinne Foucaults oder zur Unterwerfung unter ein anderes Prinzip, das des Konsums?
Prof. Dr. Werner Post
Arbeit als Selbstverwirklichung oder Selbstverwirklichung durch Überwindung der Arbeitsgesellschaft? Philosophische Anstöße zur Sinnfrage
Ansprüche wie ein ‚Recht auf Arbeit‘ wären früheren abendländischen Epochen und noch heute in manchen Kulturen oder gesellschaftlichen Schichten absurd erschienen; körperliche Arbeit galt von der Antike bis zum Ende des christlichen Mittelalters als Übel oder Folge der Erbsünde und blieb Sache von Sklaven, Leibeigenen und Vermögenslosen. Erst seit dem 16./17. Jh. Setzten sich mit dem Aufkommen des Bürgertums moderne Vorstellungen von handwerklicher, später auch industrieller Arbeit durch, in der diese als wichtiges Instrument der Erziehung und Selbstverwirklichung dient. Zugleich erschien sie bald in ihrer Form der Lohnarbeit als Quelle von Ausbeutung und Entfremdung. Gleichwohl ist Berufsarbeit in den modernen Gesellschaften des 20. Jh. Zum Fermet subjektiver Identität geworden. Angesichts der gegenwärtig kaum lösbar erscheinenden ökonomisch-sozialstaatlichen Probleme und einer progressiven Technisierung von Arbeitsroutinen wird eine differenzierte Neubestimmung von Arbeit unausweichlich.
Prof. Dr. Maria Mies
Globalisierung, Liberalismus, Privatisierung (GLP) – Lösung der Arbeitsmarktkrise?
Seit Anfang der neunziger Jahre propagieren die „Verantwortlichen“ in Wirtschaft und Politik Globalisierung, Liberalisierung (Deregulierung), Privatisierung als das Erfolgsrezept für die Wirtschaft, und zwar weltweit. Was verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Können die Versprechungen, die GLP auslösen, erfüllt werden? Was bedeutet diese Strategie für den Bereich der Arbeit insgesamt, hier und im Süden? Was bedeutet sie für die Frage nach Sinn und Unsinn von Arbeit? Gibt es Alternativen?
Über diese Fragen möchte ich mit den Teilnehmer(inne)n diskutieren.
Prof. Dr. Alf Lüdtke
Destruktion und Produktion: „Deutsche Qualitätsarbeit“ und Holocaust
Viele berufen sich heute wie vor Jahrzehnten auf ‚deutsche Qualitätsarbeit‘. Wie aber entstand diese Vorstellung von ‚Arbeit‘, was war gemeint und wurde damit gerechtfertigt?
Arbeit sichert den Lebensunterhalt. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert hieß das: Zum Überleben notwendig war Lohnarbeit. Aber das war nicht alles. Zum Bild der Arbeit gehörte Körpereinsatz, Konzentration auf die Sache und der Wille, diese ‚Sache gut zu machen‘. Wenn Arbeit nicht nur Lohn, sondern auch Anerkennung durch Kollegen und Vorgesetzte, Befriedigung über ‚gute‘ Produkte ermöglichte, dann wurde es offenbar zweitrangig, ob man Badezimmereinrichtungen oder Panzer herstellte. Es war aber genau diese Arbeits-Haltung, die das Soldatsein in der Wehrmacht, aber auch das aktive Teilnehmen an den Mordaktionen von SS und Polizei ‚hinter der Front‘ und in den Vernichtungslagern des Holocaust ermöglichte.
Dr. Irmhild Kettschau
Gute Mütter arbeiten – was tun gute Väter?
Familienarbeit, Gesellschaft, Geschlechterverhältnis
‚Gute Mütter arbeiten‘ – so lautet der Titel eines populären Taschenbuchs. ‚Arbeiten‘ bedeutet hier Erwerbstätigkeit, berufliche Karriere. Und selbstbewusst wird ausgesagt, eine gute Mutter kann nicht nur berufstätig sein, nein, sie sollte unbedingt ihre eigene berufliche Karriere weiterverfolgen. Nichts dagegen – nur, was tun gute Väter? Klar, sie ‚arbeiten‘ auf jeden Fall. Für eine erfolgreiche Vaterrolle war schon immer der im Beruf erzielte Verdienst ausschlaggebend – der Lebensunterhalt eben, mit dessen Hilfe die Väter die Familie ‚ernähren‘.
Einer umfangreichen Untersuchung des Statistischen Bundesamtes ist zu entnehmen, dass insgesamt in Deutschland (alte Bundesländer) pro Jahr 77 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit geleistet wird – gegenüber (nur) 47 Milliarden Stunden bezahlter Arbeit.
87% der unbezahlten Arbeit (oder ca. 67 Mrd. Stunden) entfallen auf die Familienarbeit.
Die Familie spielt in der Lebensplanung junger Leute nach wie vor eine zentrale Rolle. Auch Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau wird selbstverständlich angestrebt. Wenn aber sowohl gute Mütter als auch gute Väter berufstätig sind, dann ist zu fragen, von wem, unter welchen Bedingungen und mit welchen Folgen die umfangreichen Aufgaben in der Familie und im privaten Haushalt erbracht werden (können, sollen, müssen)?
Dr. Hugo Mennemann
Krieg oder Vertrag der Generationen?
Ältere Menschen und die Zukunft des Sozialstaates
In der jungen Generation greift, so ist zu lesen, die Angst um sich, die Eltern und Großeltern aushalten und finanzieren zu müssen, selber aber schlecht versorgt zu sein. Kein Wunder: alte Menschen geistern durch die Medienlandschaft als ökonomische ‚Altenlast‘, unfinanzierbares ‚Pflegerisiko‘, aber auch als aktive ‚Neue Alte‘, die die ‚geschenkten Jahre‘ genießen. Angesichts der demographischen Entwicklung (‚dreifaches Altern‘ der Bevölkerung) wird das Verhältnis der Generationen immer wieder in Frage gestellt. Unbezweifelbar bestimmen die sozialpolitischen Weichen, die jetzt gestellt werden, das Arbeits- und Rentenleben der heute jüngeren Generation. In dieser Veranstaltung werden sowohl Hintergründe zum Verhältnis der Generationen heute und in Zukunft aufgezeigt und diskutiert als auch Thesen für das Rentenleben von morgen entwickelt.
Dr. Bernhard Frevel
Was machen wir mit der arbeitsfreien Zeit?
Reflexionen zur ‚Erlebnisgesellschaft‘ und zum ‚Freizeitpark BRD‘
Die Deutschen als Urlaubsweltmeister, Deutschland als Ort der institutionalisierten Kurzarbeit? Geht der Arbeitsgesellschaft die Arbeit aus und flieht der Deutsche nun in die Freizeitgesellschaft, in der er seine Zeit mit Lust, Spaß und Genuss in die amüsanten Events investiert – ich-bezogen und nicht-solidarisch? Was passiert zur Zeit in unserer Gesellschaft, die sich anscheinend einerseits in Erlebnismilieus vielfach differenziert und sich doch andererseits gleichzeitig als Zwei-Drittel-Gesellschaft restauriert?
Mit Betrachtungen der Wirklichkeit und unter Rückgriff auf soziologische Theorien soll dem gesellschaftlichen Wandel im Hinblick auf Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeit nachgespürt werden.
Mathematisch-naturwissenschaftliches Aufgabenfeld
Prof. Dr. Ulrich Thurm
Zellbiologische Grundlagen der Lernarbeit
Dr. Karl A. Kaiser
Sind Löwen faul?
Dr. Dorothee Jauer
Aufgaben und Probleme der Arbeitsmedizin
Dr., Diplom-Chemikerin JuttaTöhl
Ausgegrenzt und mittendrin: Frauen in den Naturwissenschaften – noch immer kein Normalfall?
Richard Pestemer
Arbeit in der Selbstversorgung – Landbau in der Metropole
Tetsuo Akemine
‚Landbau-Kooperative‘, so hat sich eine Gruppe benannt, die in den Vorstädten KUNITACHI und HINO der Metropole Tokio ökologischen Landanbau in Form der Selbstversorgung betreibt. Vor fünf Jahren haben sie angefangen. In KUNITACHI bearbeiteten sie 30 ar und in HINO 13 ar. Die Feldarbeit ist für sie kein Hobby, sondern dient als ihre Lebensgrundlage. Zusammengefunden hatten sich damals Verlagsabgestellte, Beschäftigte der NTT-Telefon- und Telegraphengesellschaft, Töpfer sowie alleinstehende Mütter mit Kindern. Tetsuo Akemine ist der Initiator dieses Projekts in Tokio. Er wird – zusammen mit den Japanologen und Übersetzer Richard Pestemer – über seine Arbeit in der ‚Lanbau-Kooperative‘ berichten und diskutieren.
Prof. Dr. Achim Clausing
Künstliches Leben?
Der Titel verweist auf das Grenzgebiet zwischen Informatik und Biologie. In diesem bislang eher wenig besiedelten Landstrich geht es zur Zeit äußerst lebendig zu: Hier wird seit der zweiten Hälfte der achtziger Jahre über ‚künstliches Leben‘ geforscht – ein Gegenstand, der gute Chancen hat, der künstlichen Intelligenz den Rang abzulaufen, im Ausmaß der Forschungsaktivität ebenso wie im Echo der Medien. Spätestens seit der Biologie Tom Ray vor vier Jahren sein tierra-System vorgestellt hat, ist künstliches Leben ‚in‘. Um den Begriff aber gleich etwas zu entdämonisieren: Es geht vorerst um sehr primitive, virusartige Formen von künstlichem Leben, schon das Wort ‚Tier‘ (die ZEIT schrieb 1993 über ‚Techno-Tierchen im Internet‘) ist zu hochgegriffen.
Das Thema ist deswegen spannend, weil sich immer deutlicher zeigt, dass zwischen natürlichem Leben und maschineller Informationsverarbeitung mehr als nur formale Ähnlichkeiten bestehen. Von dem Nobelpreisträger Manfred Eigen stammt die Definition ‚Leben ist informationsgesteuerte Chemie‘, man kann also auch das biologische Leben als einen Prozess mit informatischen Aspekten ansehen – und das legt die Frage nahe, ob man in einem Computer so etwas wie Leben erzeugen kann.
Der Vortrag soll zeigen, dass es sich nicht um eine eher abseitige Fragestellung am Rande der Informatik handelt, sondern dass die Versuche, das Medium ‚Computer‘, seine Möglichkeiten und Grenzen zu verstehen, von Anfang an mit der Frage nach dem Zusammenhang von Informationsverarbeitung und Leben verknüpft waren.
Privatdozent Dr. Claus Kiefer
Entropie und Zeitpfeil
Den meisten Phänomenen, die in der Natur beobachtet werden, haftet eine eigentümliche Eigenschaft an: sie zeichnen eine Zeitrichtung aus, können also nicht ‚rückwärts‘ ablaufen. Diese Tatsache ist umso erstaunlicher, als die physikalischen Grundgesetze invariant unter Zeitumkehr sind.
In meinem Vortrag sollen zunächst die verschiedenen in der Natur beobachteten ‚Zeitpfeile‘ vorgestellt werden. An prominenter Stelle steht dabei natürlich der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik und die dadurch ausgedrückte Zunahme der Entropie. Danach soll versucht werden, die Existenz dieser Zeitpfeile auf eine gemeinsame Ursache zurückzuführen. Ich werde aufzeigen, dass diese Ursache in der Kosmologie – der Wissenschaft von Universum als Ganzem – zu finden ist.