Prof. Dr. Klaus Zerres (Aachen)
Mit der Identifizierung einer stetig wachsenden Anzahl von Krankheitsgenen gewinnt die genetische Diagnostik zunehmend an Bedeutung. Genetische Untersuchungen erfolgen zunehmend zur Diagnosestellung von Krankheiten und ersetzen damit vielfach andere Methoden der medizinischen Diagnostik. Da die genetische Diagnostik jedoch auch unabhängig von der klinischen Symptomatik erfolgen kann, besteht auch die Möglichkeit der Diagnostik vor Auftritt von Krankheitssymptomen (sog. prädiktive Diagnostik) bzw. der vorgeburtlichen Untersuchung (Pränataldiagnostik) in der Frühschwangerschaft.
Die infolge eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte Änderung des Embryonenschutzgesetzes erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen jetzt auch in der Bundesrepublik die Präimplantationsdiagnostik (PID). Sie erfolgt nach vorangegangener in-vitro-Fertilisation in einer sehr frühen Entwicklungsphase des Embryos auf der Basis der Analyse weniger Zellen. Eine „Einpflanzung“ des Embryo in die Gebärmutter (Embryotransfer) erfolgt nur dann, wenn die untersuchten Zellen und damit der gesamte Embryo die jeweiligen Erbgutveränderungen nicht aufweisen.
Die Diskussion im Vorfeld einer notwendig gewordenen Gesetzesänderung hat erneut eine breite gesellschaftliche Diskussion ausgelöst, die die Befürchtungen im Umgang mit genetischer Diagnostik, aber auch die an diese Methodik geknüpften Hoffnungen und Erwartungen deutlich gemacht hat.
Der Vortrag soll anhand von Beispielen aus der Praxis der genetischen Beratung Grundlagen, Problematik und die ethische Dimension der genetischen Diagnostik und der PID darstellen und zu einer kritischen Reflexion der neuen Möglichkeiten führen.